Kapitel 7: Christus sein Leben und sein Werk

- 24 - Wie ein Statthalter nur im Namen und Auftrag des Herrschers, der ihn als Statthalter eingesetzt hat, seine Machtbefugnisse ausübt und nur in den Grenzen der empfangenen Machtbefugnisse handeln darf, so auch Christus. Und wenn ein Herrscher seinem Statthalter alle Macht überträgt, die er selbst als Herrscher besitzt, so hat der Statthalter doch nichts aus sich. Er ist nicht der Herrscher, sondern von diesem in allem abhängig. Er kann von ihm jederzeit seines Postens enthoben werden. So war Josef der Statthalter des Pharao. Er hatte von ihm unbeschränkte Macht zur Rettung des Landes erhalten. Der Pharao hatte ihm als Zeichen der ihm übertragenen königlichen Gewalt seinen Siegelring überreicht und in königliche Gewänder gekleidet. Mit dem Siegelring hatte Josef seine Urkunden als königliche Urkunden zu kennzeichnen. In seiner Gewandung glich er dem Pharao. Aber er war nicht der oberste Herrscher. Der war Pharao und blieb es. Josef war bloß der vom ägyptischen Herrscher ernannte, wenn auch mit voller Königsgewalt ausgestattete Statthalter. Er hatte die volle Königsgewalt nicht aus sich. Er hatte sie bekommen durch freien Entschluß des Königs. Dieser konnte sie wieder nach Belieben beschränken oder ganz entziehen oder sie auf einen anderen übertragen. Hier hast du in der einfachsten und klarsten Weise ein Bild von Christus in seinem Verhältnis zu Gott. Gott ist der Herr und Schöpfer aller Dinge. Auch der Herr und Schöpfer des Sohnes Gottes. Gott ist aus sich ewig, allmächtig und allwissend. Der Sohn nicht. Der Vater hat dem Sohne die Statthalterschaft über die Schöpfung übertragen und ihn vor allem zu der Aufgabe der Erlösung gesalbt. Aber aus sich hat der Sohn nichts, weder das Dasein noch sein Amt als Statthalter noch irgendeine Kraft. Alles hat ihm der Vater gegeben. • Ist der Sohn im Himmel auch in gottähnliche Gewänder gekleidet und tritt er auch mit göttlichen Machtbefugnissen auf, so ist er doch ebensowenig Gott wie Josef der Pharao war. Diese Wahrheit ist in den Heiligen Schriften so klar enthalten, daß man sich darüber wundern muß, wie Menschen dazu kommen konnten, Christus zum 'Gott' zu machen, während der Vater und Gebieter alles Geschaffenen feierlich schwört: 'Ich allein bin Gott und sonst keiner.' Die christlichen Religionen, die Christus als Gott bekennen und ihn dem Vater in allem gleichstellen, wagen selbst nicht zu behaupten, daß Christus gesagt habe, er sei 'Gott'. Aber sie folgern es zunächst daraus, daß er sich 'Sohn Gottes' nannte. Sie urteilen, wie die Hohen Priester, Schriftgelehrten und Pharisäer geurteilt haben, von denen es in der Bibel heißt: Johannes 5, 18: 'Sie trachteten ihm um so mehr nach dem Leben, weil er nicht nur den Sabbat brach, sondern auch in einem einzigartigen Sinne Gott seinen Vater nannte und sich damit Gott gleichstellte.' Gegen den Vorwurf, daß er in einem einzigartigen Sinne Gott seinen Vater nannte, wehrte sich Christus nicht. Denn er war in einem Sinne ein 'Sohn Gottes' wie kein anderer der 'Gottessöhne' oder der Geister Gottes. Er war nicht bloß der höchste der von Gott geschaffenen Geister, sondern auch der einzige Geist, der auch seinem himmlischen Leibe nach von Gott ins Dasein gerufen worden ist. Die anderen Söhne Gottes hatten bloß ihrem Geiste nach von Gott ihr Dasein erhalten, während ihre himmlischen Leiber dem erstgeschaffenen Sohne ihr Entstehen verdankten. • Christus war also nicht bloß der 'Erstgeborene' Gottes, sondern auch der einzige, der nach seinem ganzen Sein eine d i r e k t e S c h ö p f u n g Gottes war. Er war der einzige in seiner Art. Er war der ' E i n g e b o r e n e ' des Vaters. Auch noch aus einem anderen Grunde war er in einzigartigem Sinne der Sohn Gottes. Ihm allein hatte der Vater die Statthalterschaft über die Schöpfung übertragen. Er hatte ihm dieselbe Stellung in seinem Reiche eingeräumt, die der Pharao dem ägyptischen Josef im Reiche Ägypten verliehen hatte. Also darin hatten die Juden Recht: Christus nannte sich in einer besonderen Bedeutung einen Sohn Gottes. Er war der Sohn Gottes!

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