Kapitel 7: Christus sein Leben und sein Werk

- 25 - Aber wogegen sich Christus bis aufs äußerste wehrte, war die Behauptung seiner jüdischen Feinde, er stelle sich Gott gleich. Er beteuerte immer wieder, daß er keinerlei Macht von sich selbst habe und aus sich selbst nicht das Geringste tun könne. Wenn einer aus sich selbst nichts kann, dann ist damit der unwiderlegliche Beweis erbracht, daß er nicht Gott sein kann. Soviel folgerichtiges Denken mußten auch die Hohen Priester und Schriftgelehrten besitzen. Und sie begriffen es auch sehr gut, was Jesus unter 'Sohn Gottes' verstand. Aber nach außen wollten sie es nicht verstehen. Sie suchten ja eine Grund, ihn zu töten. Und da konnten sie keinen besseren finden, als wenn sie behaupteten, Christus mache sich zum Gott, indem er sich Sohn Gottes nenne. Diesen Scheingrund durften sie um keinen Preis mehr aus der Hand geben. Darum war auch jede Belehrung von seiten Christi zwecklos. Es ist wahr, Christus hatte alle Macht im Himmel und auf Erden. Aber er hatte sie ebensowenig von sich selbst, wie der ägyptische Josef alle Macht über Ägypten aus sich hatte. Wie Josef nicht der Pharao war, so war Christus nicht Gott. Nur der Vater ist Gott und sonst keiner. Der Vater hat alle Macht und sonst niemand. Der Vater kann diese Macht nach seinem Gutdünken auf irgendeinen geschaffenen Geist übertragen, indem er in diesem und durch diesen wirkt. Gott hätte daher die Macht, die er Christus verlieh, einem anderen geschaffenen Geiste geben können. Es mußte nicht sein erstgeborener Sohn sein. Und die großen Wunder, die Christus wirkte, konnte auch jeder andere Mensch wirken, wenn ihm Gott die Kraft dazu gab. Christus sagt ja selbst, daß nicht bloß er das alles wirken könne, sondern auch jeder andere, sobald er gläubig werde. Johannes 14, 12: 'Wer an mich glaubt, wird die Werke, die ich tue, auch tun, ja er wird noch größere als diese vollbringen.' An Christus glauben heißt an Gott Glauben, aber nicht etwa, weil Christus selbst Gott ist, sondern weil er die Lehre Gottes verkündet. Johannes 12, 49: 'Ich habe nicht von mir aus geredet, sondern der Vater selbst, der mich gesandt hat, der hat mir aufgetragen, was ich sagen und was ich lehren soll.' Zwischen dem Vater und Christus herrscht die große Einheit der Liebe. Jedes Geschöpf Gottes kann zu dieser Einheit mit dem Vater gelangen. Sie erbittet ja Christus von Gott auch für seine Jünger. Johannes 17, 22 – 23: 'Sie sollen eins sein, wie wir eins sind: ich in ihnen und du in mir, auf daß sie voll ausgestaltet werden zu einer Einheit mit uns.' • Du siehst, wie töricht es ist, wenn deine bisherige Kirche zum Beweis für die Gottheit Christi sich auf den Satz beruft: ' I c h u n d d e r V a t e r s i n d e i n s ', wo doch d i e s e l b e E i n - h e i t , die der Sohn mit dem Vater hat, auch den Gläubigen zuteil werden soll. Wenn du dir die Aussprüche Christi zusammenstellst, in denen er sein Verhältnis zu seinem Vater darlegt, so wirst du erkennen, wie frevelhaft es ist, Christus als Gott zu bezeichnen, ihn als den Gebenden hinzustellen, wo er bloß der Empfangende ist und anderen bloß das geben kann, was er selbst von Gott erhalten hat. – • Die große Gotteslästerung, welche die Juden Christus vorwarfen, indem sie fälschlich behaupteten, er mache sich Gott gleich, b e g e h e n h e u t e d i e j e n i g e n , d i e C h r i s t u s z u m G o t t m a c h e n , während Christus selbst die Gottgleichheit so weit von sich wies. Die Lehre Christi über seine eigene Person, über den Ursprung seiner Lehre und die Macht und Kraft, die er besitzt, war also die, daß er alles und jedes vom Vater erhalten hat. Aus sich hat er nichts. Er ist nicht Gott. Nicht alles hat ihm der Vater übertragen. Gewisse Dinge hat der Vater sich selbst vorbehalten. Zu den Söhnen des Zebedäus sagte Christus: Matthäus 20, 23: 'Den Platz zu meiner Rechten und Linken habe nicht ich zu vergeben, sondern er wird denen zuteil, für die er von meinem Vater bestimmt ist.'

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