Engel als Boten Gottes und Helfer der Menschen

- 16 - In dieser Zeit hatte Den Helder ein Dirnenviertel, das noch aus der Zeit stammte, als man von Den Helder über den Kanal direkt nach Amsterdam fahren konnte. Den Zuhältern war Breets Missionierungsarbeit ein Dorn im Auge, denn dadurch waren ihnen bereits einige Prostituierte abgesprungen, und das wurde den Herren allmählich zu teuer. Auf Breet konnte man auch Tag und Nacht rechnen, wenn es darum ging, einen Kranken zu besuchen. So wurde er eines Nachts aus dem Bett geklingelt. Er steckte seinen Kopf zum Fenster heraus und sah unten einen Mann stehen. 'Herr Breet', sagte dieser, 'in der Jansenstraße 24 liegt ein Schwerkranker, er bittet um ihren Besuch.' 'Ich komme', sagte Breet, zog sich an und ging nach unten. Der Bote war inzwischen verschwunden. Um zu der angegebenen Adresse zu gelangen, mußte er eine kleine Brücke, die sich über eine Gracht spannte, überqueren. Bei der Hausnummer 24 klingelte er dann. Zuerst blieb alles still. Nachdem er ein zweites Mal geklingelt hatte, fragte jemand mit zorniger Stimme hinter der Tür, was denn los sei. Breet erklärte, warum er hier sei. 'Es gibt hier keinen Kranken, und ich brauche auch niemanden', tönte die zornige Stimme. Breet ging enttäuscht wieder nach Hause. Zwanzig Jahre später kam ein Mann in seinen Laden. Breet stand hinter dem Verkaufstisch. 'Herr Breet, ich würde Sie gerne mal sprechen', sagte der Besucher. 'Kommen Sie herein', sagte Breet. Darauf der Mann: 'Erinnern Sie sich noch, daß Sie vor ungefähr zwanzig Jahren nachts zu einem Kranken in der Jansenstraße gebeten wurden?' 'Ja', sagte Breet, 'das weiß ich, das ist ein Erlebnis, das ich so schnell nicht vergesse.' 'Ich war der Mann, der nachts zu Ihnen kam', sagte der Besucher. 'Ich haßte Sie so sehr, daß ich mit einem Freund verabredet hatte, Sie zu ertränken. Wir lockten Sie zu einer Adresse am Ende der Brücke und warteten dort auf Sie, um Sie ins Wasser zu werfen. Aber da Sie mit zwei Begleitern kamen, wagten wir es nicht. Sie hatten je einen Begleiter zur Rechten und zur Linken.' 'Aber nein', sagte Breet, 'ich war den ganzen Weg über allein.' 'Mein Freund und ich sahen aber deutlich, daß auf beiden Seiten jemand mit Ihnen mitging.' Die Breetsche Bäckerei diente zu der Zeit als Predigt- und Sonntagsschul-Zentrum, und der Erzähler, Herr Bujilsma, hat dort selbst Sonntagsschulunterricht gegeben. Ich habe mit ihm gesprochen. Selbst hat er Breet nicht mehr gekannt, wohl aber Familienmitglieder von ihm, die ihm auch diese Geschichte erzählten. Außerdem hatte er es auch in einem autobiographischen Büchlein von Herrn Breet gelesen. Als ich mit der Untersuchung begann, dachte ich, daß die Schlußfolgerung lauten würde: 'Früher hat man noch Engel gesehen, heute aber nicht mehr.' Jetzt, wo die Untersuchung abgeschlossen ist, ergibt sich dagegen die Schlußfolgerung: 'Engel werden mindestens ebensooft wie früher gesehen, aber es spricht niemand mehr darüber.' (16, S. 33) Wenn ich nun noch einmal die ganzen achtunddreißig Fälle von Engelerlebnissen durchgehe, so fallen zwei Dinge auf: ein großes Gefühl von Glückseligkeit, ein Gefühl, im Glauben gestärkt oder bestätigt worden zu sein, und ein innerer Friede, der von der Begegnung ausging. Diese Gefühle hielten oftmals wochenlang an und bleiben auch noch nach langen Jahren in der Erinnerung lebendig. Ob eine Engelerfahrung echt ist, kann schon anhand dieser Gefühle beurteilt werden. Die Begegnung mit einem Engel ist keine kühle Begrüßung auf der Straße. Sie berührt den Menschen in seinem tiefsten Wesen."

RkJQdWJsaXNoZXIy MjI1MzY3