An den Grenzen der Physik

- 5- Ein ganz radikaler Vertreter dieser Richtung war der Doktor der evangelischen Theologie Joachim Kahl, der 1968 ein Büchlein mit dem Titel veröffentlichte: "Das Elend des Christentums oder Plädoyer für eine Humanität ohne Gott." Er schreibt darin unter anderem: "Das Neue Testament ist ein Manifest der Unmenschlichkeit, ein groß angelegter Massenbetrug. Er verdummt die Menschen, statt sie über ihre objektiven Interessen aufzuklären." Das alles sind Äußerungen aus dem evangelischen Lager. Aus der katholischen Kirche dringen sie noch nicht so sehr an die Öffentlichkeit. Als sich jedoch 1972 Papst Paul VI. öffentlich dazu bekannte, daß neben Gott und Christus auch der Satan als lebendiges geistiges Wesen existiere und daß er der oberste Anführer einer großen Zahl abgefallener Engel sei, mußte er sich von dem katholischen Theologieprofessor Herbert Haag aus Tübingen öffentlich vorwerfen lassen, daß die Äußerung einer solchen Anschauung ein Rückfall in das tiefste Mittelalter sei. Das alles sind Meinungen von Nichtphysikern, die von Physik nur laienhafte Vorstellungen haben, die aber glauben, physikalische Erkenntnisse zur Stützung ihrer philosophischen oder theologischen Theorien heranziehen zu können. Was aber sagen bedeutende Physiker zu den angesprochenen Problemen? Zunächst eine Äußerung von Professor Max Planck, der von 1858 – 1947 lebte. Er begründete 1899 die Quantentheorie und erhielt 1918 den Nobelpreis für Physik. 1938 veröffentlichte er eine kleine Schrift "Religion und Naturwissenschaft". In ihr schreibt er unter anderem: "Wohin und wieweit wir also blicken mögen, zwischen Religion und Naturwissenschaft finden wir nirgends einen Widerspruch, wohl aber gerade in den entscheidenden Punkten volle Übereinstimmung. Religion und Naturwissenschaft - sie schließen sich nicht aus, wie manche heutzutage glauben oder fürchten, sondern sie ergänzen und bedingen einander. Wohl den unmittelbarsten Beweis für die Verträglichkeit von Religion und Naturwissenschaft, auch bei gründlich-kritischer Betrachtung, bildet die historische Tatsache, daß gerade die größten Naturforscher aller Zeiten, Männer wie Kepler, Newton, Leibniz von tiefer Religiosität durchdrungen waren. Zu Anfang unserer Kulturepoche waren die Pfleger der Naturwissenschaft und die Hüter der Religion sogar durch Personalunion verbunden." Zum jeweiligen Aufgabenbereich von Naturwissenschaft und Religion sagt Max Planck: "Die Naturwissenschaft braucht der Mensch zum Erkennen, die Religion aber braucht er zum Handeln. Für das Erkennen bilden den einzigen festen Ausgangspunkt die Wahrnehmungen unserer Sinne, die Voraussetzung einer gesetzlichen Weltordnung dient hier nur als die Vorbedingung zur Formulierung fruchtbarer Fragestellungen. Für das Handeln ist aber dieser Weg nicht gangbar, weil wir mit unsern Willensentscheidungen nicht warten können, bis die Erkenntnis vollständig oder bis wir allwissend geworden sind. Denn wir stehen mitten im Leben und müssen in dessen mannigfachen Anforderungen und Nöten oft sofortige Entschlüsse fassen oder Gesinnungen betätigen, zu deren richtiger Ausgestaltung uns keine langwierige Überlegung verhilft, sondern nur die bestimmte und klare Weisung, die wir aus der unmittelbaren Verbindung mit Gott gewinnen. Sie allein vermag uns die innere Festigkeit und den dauernden Seelenfrieden zu gewährleisten, den wir als das höchste Lebensgut einschätzen müssen."

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