Ist unser Schicksal festgelegt?

- 13- Bei genauer Durchsicht der Voraussagen auch seriöser Vorschauer stellt man fest, daß sehr vieles nicht eintrifft oder nicht genau eintrifft. Dr. Schmeϊng schreibt in seinem Buch "Das Zweite Gesicht in Niederdeutschland"15 nach Berichten entsprechender Beispiele: "Eine zwangsläufige bis in alle Einzelheiten durchgreifende Erfüllung, wie sie in den Vorschauerzählungen häufig betont wird, trifft also nicht mit Notwendigkeit ein. Es können nicht nur Einzelheiten ausfallen, sondern auch ganze Vorgesichte ohne Erfüllung bleiben." Bei diesen Fehlprognosen kann man natürlich die Vermutung hegen, daß bei der Aufnahme der Vorschau durch den Paragnosten einfach Übermittlungsfehler aufgetreten sind. Aber das läßt sich zunächst nicht beweisen, wie natürlich ebenso auch nicht das Gegenteil. 2.6.1 Eingriffe in vorhergeschaute Ereignisse Besonders interessant sind in diesem Zusammenhang die Fälle, bei denen der Vorschaubericht dem oder den davon betroffenen Menschen vor Eintritt eines für sie unangenehmen Ereignisses bekannt wurden. Unterstellen wir einmal, daß die Vorschau vom Paragnosten richtig aufgenommen wurde und daß weiterhin unabänderliche Determination herrscht. In diesem Fall müßte es unmöglich sein, die exakte Erfüllung der Vorschau aufzuhalten, selbst wenn man rechtzeitig von der Vorschau erführe. Tatsächlich gibt es aber Berichte, in denen der verhängnisvolle Ausgang eines Ereignisses abgewendet werden konnte. Einen solchen Fall berichtet uns Justinus Kerner16 aus dem Jahre 1827 von seiner Patientin Friederike Hauffe: Diese sah in mehreren Gesichten ihren Bruder sterbend auf einer Bahre liegen und konnte auf dringliches Befragen angeben, daß ihr Bruder am 18. Januar einem Mordanschlag zum Opfer fallen würde, wobei sie Alter und Herkunft des Täters mitteilen konnte. Der Bruder wurde nun aber gewarnt und verhielt sich am angegebenen Tag und in der fraglichen Situation vorsichtig. Dadurch verfehlte ihn der Täter, ein Holzdieb, als er auf ihn schoß. Der Schuß ließ nur Spuren an einem Baum und im Schnee zurück. In dem folgenden Bericht weiß der unmittelbar Betroffene nichts von der Vorschau. Dagegen wissen es seine Angehörigen und versuchen von ferne auf das Ereignis Einfluß zu nehmen: "Eine Berichterstatterin, die von Kind auf - wie sie sagt - das 'Zweite Gesicht' hatte, träumt wiederholt: Ihr Sohn kniet auf einem Brachfeld im Scheinwerferlicht, die Achselklappen abgerissen, ohne Koppel, die Augen nach rechts in Todesangst wie hilfesuchend auf sie gerichtet. Im Genick hat er einen schwarzgrauen Fleck wie eine Einschußwunde. Sie vertraut sich ihrem Beichtvater an, der ihr beruhigend erklärt, das 'Zweite Gesicht' müsse nicht unbedingt eintreffen. Er empfiehlt ihr, um Milderung zu beten. Alle die Jahre, die ihr Sohn in Rußland stand, hat sie furchtbar gelitten, besonders im Vorfrühling - die Zeit, die auf das Brachfeld hinwies. Am 8. Februar sagte ihr eine 'innere Stimme', daß jetzt der Tag der Erfüllung sei. Den ganzen Abend und die ganze Nacht betete die Familie um göttlichen Beistand. Gegen Morgen trat eine Beruhigung bei ihr ein, wie bei einem schwerkranken Menschen nach einer überstandenen Krise. Sie wußte, ihr Sohn hatte es überstanden. Entweder war er tot oder in Gefangenschaft. Im Jahre 1948 kehrte er aus Rußland heim. Am Abend des 8. Februar 1945 hatten russische Panzer die deutschen Linien durchbrochen und die flüchtigen Verwundeten eines Hauptverbandsplatzes mit Scheinwerfern eingekreist und auf einem Brachfeld erschossen. Sie hießen auch ihn niederknien, um ihm den Genickschuß zu geben. In letzter Sekunde wurde befohlen, diesen einzigen Gefangenen zum Verhör vorzuführen. Als der Morgen angebrochen war, hieß ihn der russische Oberst sich auf den Turm eines Panzers zu setzen. Als einziger war er gerettet."17 15 K. Schmeϊng, Das Zweite Gesicht in Niederdeutschland, Verlag J. A. Barth Leipzig 1937, S. 154. 16 J. Kerner, Die Seherin von Prevorst, erschienen bei Verlag Ph. Reclam, Leipzig 1938, S. 162. 17 H. Bender, Der Krieg im Spiegel okkulter Erlebnisse, in: Neue Wissenschaft 1960, H. 1, S. 18 - 24.

RkJQdWJsaXNoZXIy MjI1MzY3