Verfahren zur Verbindung mit der jenseitigen Welt

- 5- Die Befragung Gottes wurde im allgemeinen im sogenannten Offenbarungszelt (2. Mose 33, 7) oder in der Stiftshütte (2 Mose 25, 8 und 26, 1) und später im Tempel in Jerusalem vorgenommen. Dieses Verfahren wurde von den Israeliten rund 750 Jahre hindurch angewendet, bis sie in den Jahren 597, 587 und 582 v. Chr. durch König Nebukadnezar II (605 - 562 v. Chr.) von Neubabylonien in drei Schüben in die babylonische Gefangenschaft abgeführt wurden. Damals wurde der Tempel in Jerusalem geplündert, und die Gerätschaften zur Befragung Gottes gingen verloren. Es wird nirgendwo berichtet, daß sie später aufs neue angefertigt wurden. Die Anfragen bei Gott und seine Antworten und Belehrungen erfolgten nicht nur über religiöse Dinge, sondern auch über Fragen der Rechtsprechung, der Politik und der Kriegführung. Ein Beispiel möge das erläutern: König Saul, der erste israelitische König (um 1010 v. Chr.), war durch seinen Ungehorsam bei Gott in Ungnade gefallen. Außerdem hatte er dem vom Propheten Samuel auf Gottes Geheiß zum späteren König bestimmten und bereits gesalbten David nach dem Leben getrachtet und ihn verfolgen lassen. David suchte darauf Zuflucht bei den Philistern (1. Sam. 27, 8), gegen die er bislang als Truppenkommandeur Sauls Krieg geführt hatte. Er hielt sich unter den Philistern eine Privattruppe, mit der er Raubzüge ausführte (1. Sam. 27, 8), um dadurch seinen Lebensunterhalt zu verdienen. Inzwischen kam es zum Endkampf zwischen Saul und den Philistern. In schwierigster militärischer Lage erhielt Saul jedoch durch das Orakelschild des Priesters keine Antwort mehr von Gott (l. Sam. 28, 6). In seiner Verzweiflung begab er sich verkleidet zu einer Totenbeschwörerin3 in Endor. Bei ihr verlangte er, den verstorbenen Propheten Samuel zu sprechen, der ihn ja zum König gesalbt hatte. Von ihm wollte er Rat haben. Samuel erschien auch tatsächlich, doch war er nur der Totenbeschwörerin hellsichtig wahrnehmbar. Auf seine hilfeflehenden Fragen verkündete er Saul, daß ihn Gott wegen seines Ungehorsams ins Verderben stürzen werde und daß er am kommenden Tag zusammen mit seinen Söhnen in der Schlacht den Tod finden solle. Als nun die Philister am anderen Morgen in diese Schlacht zogen, wurde David mit seiner Privatarmee wegen möglicher Unzuverlässigkeit als Bundesgenosse abgelehnt. Er kehrte daher mit seinen Leuten in seinen Wohnort Ziklag im Philisterland zurück. Dabei stellte er fest, daß Ziklag inzwischen von den Amalekitern geplündert und verwüstet worden war (1. Sam. 30, 1). Alle Frauen und Kinder waren verschleppt worden. Davids Leute waren darüber sehr aufgebracht und machten Miene, ihren Anführer zu steinigen. Da befahl David dem Priester Abjathar Samuel 30, 7: Bringe mir das Priesterkleid her! (also Leibrock und Orakelbrustschild). Als nun Abjathar das Verlangte zu David gebracht hatte, richtete dieser die Frage an den Herrn: "Soll ich der Räuberschar nachsetzen? Werde Ich sie einholen?" Da erhielt er die Antwort: "Ja, verfolge sie! Du wirst sie sicher einholen und die Gefangenen befreien." David befolgte den Rat und fand auf dem Weitermarsch einen zurückgelassenen ägyptischen Sklaven der Amalekiter. Dieser führte dann ihn und seine Leute zu den Verfolgten. Während sie gerade ihren Sieg feierten, fiel David über sie her, vernichtete sie und konnte Frauen und Kinder befreien. 3 Heute würde man sie als Medium bezeichnen, durch das sich verstorbene Menschen und andere jenseitige Wesenheiten kundgeben konnten. Zu damaliger Zeit wurde aber über die Totenbeschwörer vor allem Verbindung zu den gottfeindlichen Geistwesen aufgenommen, zu den Wesenheiten der heidnischen Religionen, zu den sogenannten "geistig Toten". Daher war Saul von Gott aufgetragen worden (3. Mose 20, 271, diese Totenbeschwörer zu beseitigen (1. Sam. 28, 3), um der ständigen Verführung der Israeliten durch sie und ihre jenseitigen Auftraggeber Einhalt zu gebieten. Die Totenbeschwörerin von Endor war bei dieser Maßnahme jedoch durch die Maschen geschlüpft und daher noch am Leben.

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